Lappland, Schweden

Sarek im Winter

Die Nadel des Kompasses führt uns eigentlich immer zu uns selbst. Zu Fuß mit Pulka und Zelt durch eine der größten Wildnisregionen Europas.

Zeit – unsere wertvollste Währung … plötzlich hatten wir jede Menge davon. Wir sind weit weg von Zuhause, mitten im Sarek-Nationalpark im nordschwedischen Lappland.

Weit weg ist auch das tägliche Grundrauschen in Form von Verpflichtungen, Terminen, Telefonanrufen und E-Mails – wir vermissen es überhaupt nicht. Keine Störungen, keine Unterbrechungen. Mit einer kindlichen Freude stürzen wir uns in unsere tägliche Routine: Schnee schmelzen für den Morgenkaffee und das Frühstück, Zelt abbauen, Pulkas beladen, loslaufen und weiterkommen – Schritt für Schritt, Tag für Tag. Der Atem gibt den Takt an. Wir hören auf unsere Körper und den knirschenden Schnee unter unseren Stiefeln. In Balance mit uns selbst, völlig ausgeglichen und in geistigem Frieden sind wir neugierig auf alles, was hinter der nächsten Ecke liegt. Wir wollen Neuland erkunden, die eigenen Grenzen kennenlernen, uns ein Stück weit neu entdecken und einfach dem Rhythmus der Natur folgen – Tag und Nacht. Bewegungen und Ruhephasen wechseln sich ab, genau wie das immer wiederkehrende Frieren und anschließende Aufwärmen. Hungrig sein und das einfache Glück nach einer simplen Mahlzeit – was für ein Komfort.

Die Befriedigung bei einer solchen Tour liegt darin, für die unscheinbaren Dinge empfänglich zu sein. Und die Gewissheit zu haben, füreinander da zu sein – trotz, oder gerade wegen der körperlichen und psychischen Belastung. Der Kopf wird frei. Die Gedanken – sie kommen und gehen. Oft sortiert, und manchmal mit neuer Perspektive. Es ist genau dieser meditative Trott, der uns zu unseren Wurzeln zurückbringt. Wie schön doch das Leben ist – wir lieben es!

Die Magie des Augenblicks

Eine Durchquerung des Sarek unter arktischen Bedingungen gehört zu den anspruchsvollsten, aber auch herausragendsten Wintertouren Lapplands. Die schiere Größe der Wildnis mit seinen schroffen Felsen, imposanten Gletschern und tief eingeschnittenen Hochtälern ist umwerfend und einfach überwältigend. Wir kommen uns so klein vor, in einer erhabenen Umgebung, die so groß und stark ist. Die Zeit für unsere Durchquerung dehnt sich und verwandelt die schönste und entlegenste Gebirgsregion Europas in einen magischen Ort, der auf wundersame Weise alle Gedanken sortiert und in den richtigen Zusammenhang bringt.

» Hier bekommst du das Gefühl, dass du ein ganz kleines Licht bist. Aber du bist ein Licht, und diese Erkenntnis ist wichtig und macht den ganzen Unterschied. «

Im Sarek gibt es keine markierten Pfade, keine bewirtschafteten Hütten und keinen Mobilfunkempfang. Wir können im Notfall nicht auf die Hilfe anderer zählen, und das über viele Tage hinweg. Weit entfernt von jeglicher Zivilisation, sind wir für uns selbst verantwortlich. Wir übernachten an Plätzen mit einmaliger Aussicht auf die umliegenden Berge.

Dann ist da noch die Entfernung – über 130 km von Kvikkjokk nach Ritsem. Alles was wir für die Tour benötigen, etwa 86 kg an Ausrüstung, wird auf zwei Pulkas verteilt. Unsere voluminöse Winterkleidung, das ganze Essen und unser Gasvorrat wollen über die gesamte Strecke gezogen werden. Unter welchen Umständen? Wir wissen es noch nicht, wir müssen es herausfinden. Der Umgang mit der andauernden Kälte wird unsere größte Herausforderung sein. Die ursprünglichen Gründe für diese Tour erleben wir, wenn auch meist nur in seltenen Momenten: Bezaubernde Nordlichter, die Schönheit einer Gebirgslandschaft, eine vorbeiziehende Herde Rentiere, zugefrorene Seen mit Spuren wilder Tiere. Aber dieser wilde Ort lehrt uns eine wichtige Lektion: Unser Erfolg und unsere täglichen Aktivitäten hängen zu 100 % von unseren Entscheidungen ab, die wir unterwegs treffen sowie von unserer Fähigkeit, uns in schwierigen Situationen zu bewegen. Egal ob kalte Temperaturen bis unter –‍35°C, Whiteout ohne Sicht, starker Schneefall oder Sturm – wir trotzen allen Bedingungen, die die Natur uns auferlegt. Unterwegs gibt es viele Momente, in denen kein großer Spielraum für Nachlässigkeiten besteht. Die Natur verzeiht keine Fehler.

Das Erreichen der Ziellinie: Ja, das ist das Tüpfelchen auf dem i. Wenn man in der Lage ist, mit all den Umständen tagelang umzugehen, kann das ein starkes Gefühl von Selbstvertrauen auslösen, welches sehr befriedigend ist. Im Grunde genommen geht es darum, sich in ein Abenteuer zu stürzen und herauszufinden, wozu man fähig ist. Wo sind unsere Grenzen? Wo sind Deine?

Eckdaten

Erstmal die Lage checken:

Begehung:

26. März – 6. April 2024, zusammen mit Kirsten Steimel

Bester Zeitpunkt:

Ende März.

Start und Ziel:

Kvikkjokk und Ritsem. Beide Orte sind per Bus gut von Murjek/Jokkmokk und Gällivare erreichbar.

» STF Kvikkjokk Fjällstation Mountain Station (www.swedishtouristassociation.com …)

» STF Ritsem Fjällstation Mountain Station (www.swedishtouristassociation.com …)

Eine Jahresmitgliedschaft im STF ist sehr empfehlenswert.

Länge:

In Abhängigkeit von der Routenwahl ca. 130 – 140 km.

GPS-Track unserer Tour:

» Track herunterladen

Mit dabei:

Diese Expedition wurde unterstützt von Leica Camera.
Alle Bilder in diesem Bericht wurden mit der Leica Q3 fotografiert.

» Mehr über die Leica Q3 erfahren

Anforderungen:

Die Tour hat eine große Ernsthaftigkeit und ein hohes Gefährdungspotenzial aufgrund der Kält und setzt eine stabile physische und psychische Belastbarkeit voraus, außerdem gute Ausrüstung für arktische Bedingungen. Man sollte sich in den kalten Wintermonaten bei Dauertemperaturen zwischen –‍10°C und –40°C wohlfühlen, sonst wird die Unternehmung schnell zur Tortur.

Hinweis:

In Bezug auf Wetter- und Temperaturplanung ist zu beachten, dass es im Sarek Nationalpark um 10 – 20°C kältere Temperaturen hat als an den beiden Bergstationen Kvikkjokk und Ritsem außerhalb des Sareks. Im April sind nächtliche Tiefstwerte bis –35°C möglich. Entsprechende Ausrüstung und Notausrüstung ist überlebenswichtig.

Kulinarische Empfehlung:

Kalt geräuchertes Elch- und Rentiersteak wird vor Ort regional produziert.

» Reportage für Leica Camera, Wetzlar

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