Picos de Europa, Spanien

Naranjo de Bulnes, 2518 m

Der Monolith mit dem teuflischen Gesicht.

Der Naranjo (eigentlich Picu Urriellu) ist für Spanier vergleichbar mit dem Eiger oder El Capitan – ein Mythos mit einer fesselnden Geschichte, vielen Tragödien und einer langen Klettertradition.

Dieser Berg bietet bestes Abenteuerambiente und ist eine tolle Spielwiese für eine Vielzahl von Begehungsstilen: egal ob technisches Klettern (was bei den Spaniern sehr beliebt ist), mehrtägige Winterbegehungen, Freesolos oder schweres Freiklettern. An diesem Berg wird auch heute noch Geschichte geschrieben. Den Anfang machten Pedro Pidal und Gregorio Pérez, als sie 1904 den Gipfel erreichten, ohne einen Haken zu schlagen. 1906 folgte der Deutsche Gustav Schulze, der die Ostwand in 3 Stunden solo durchstieg.

Die Winterbegehungen in den 60ern verliefen anfangs tragisch: die erste Seilschaft verunglückte tödlich durch einen Ausbruch des kompletten Standplatzes, die zweite Seilschaft erfror nach 11 Tagen in der Wand. Im Winter 1983 blieben Miguel Ángel Diez und José Luis Garcia Gallego 68 Tage nonstop in der Wand (Weltrekord) und eröffneten Sueños de invierno, die erste A5-Route Spaniens. Die Medien verfolgen seit dieser Zeit die Besteigungen mit großem Interesse.

Die Seilschaft Rabadá-Navarro, die 1962 in zwei Tagen eine Linie durch die steile Westwand fand, läutete schließlich den Beginn der Freikletterei ein. Sie waren auch die Ersten, die zur Absicherung Buriles setzten – zweifelhafte Nietenstifte, die heute immer noch in einigen Routen existieren. 2009 haben die Brüder Iker und Eneko Pou – deren Dreh- und Angelpunkt stets der Naranjo de Bulnes ist – mit der Route Orbayu, 8c+/9a in der 500 m hohen Westwand die bis dahin schwierigste Route der Welt eröffnet.

Das ausgeprägte Karstgebirge mit seinen unzähligen Dolinen und dem steilen Naranjo als Markenzeichen ist in Spanien die erste Adresse für alpine Kletterei – entsprechend gut ist auch sein Ruf bei den Spaniern. Es heißt, ein richtiger Kletterer ist erst, wer einmal auf dem Gipfel des Naranjo de Bulnes stand. Zum Glück erreichten wir gleich am zweiten Tag den Gipfel und hatten es daraufhin deutlich leichter, uns mit den spanischen Kletterern auszutauschen. Wir hatten eine sehr schöne Zeit hier und wissen jetzt, wie sich diese steilen und wilden Berge wirklich anfühlen. Wir haben gelernt, dass es kurz vor dem Erreichen eines Zieles immer am schwersten ist. Und wir erlebten unvergessliche Momente in der Wand, als plötzlich zwei Steinadler majestätisch direkt hinter uns vorbeizischten.

Der markante Naranjo – einer der wenigen Monolithe weltweit – fasziniert, seine wie abgeschnitten wirkenden steilen Wände sind kompakt und extrem exponiert. Alleine das Erlebnis der saugenden Tiefe ist hier einmalig. Dabei ist er nicht der einzige Berg in den Picos, den es sich zu besteigen lohnt: es gibt viele Gipfel mit wunderschöner Aussicht, auf denen man bei schönem Wetter bis zum Atlantik schauen kann. Ansonsten hat man den hier oft typischen Wolkenteppich unter sich und schwebt dann förmlich über den Wolken – ein himmlisches Gefühl.

Eckdaten

Erstmal die Lage checken:

Anreise:

Mit dem Flieger nach Bilbao, von dort per Bus (6 €) in 1,5 h nach Santander. Ab dort ist die schnellste Verbindung in 1,5 h mit dem Zug nach Unquera (5 €). Von dort weiter in 45 min mit dem Taxi nach Poncebos (45 € mit Pedro, Tel: 629468452). In Poncebos gibt es neben dem Fußaufstieg die Möglichkeit mit dem Funicular, einer unterirdische Seilbahn (16 €) nach Bulnes zu fahren. Alternativ kann man mit dem Taxi auch in 1 h von Unquera nach Sotres fahren (60 € mit David, Tel: 657681546 oder 985846798) und hat dann einen um 500 Hm kürzeren Aufstieg zum Refugio Uriellu (alle Preise und Telefonnummern Stand 2012).

» ALSA Busverbindungen (www.alsa.es)

» RENFE Zugverbindungen (www.renfe.com)

» ALSA Seilbahnfahrplan (www.alsa.es …)

GPS-Koordinaten:

N 43° 12' 06", W 04° 49' 03" (» Google Maps)

Unterkunft:

Für die Unterkunft in den Refugios reicht auf jedem Fall ein Hüttenschlafsack, Decken sind vorhanden. An allen Refugios sowie an vielen weiteren Stellen gibt es außerdem hervorragende Biwackplätze. Die Unterkünfte im Zentralmassiv der Picos sind:

» Refugio Vega de Urriellu (www.refugiodeurriellu.com)

» Refugio Lueje – Jou de los Cabrones (www.refugiojoudeloscabrones.com)

» Cabaña Verónica (www.elanillodepicos.com …)

Hinweis:

Es ist ohne spanische Sprachkenntnisse nicht ganz einfach einen Klettertrip in dieses Gebiet zu planen. Es gibt nur wenige Informationen über das Gebiet, die meisten Touristen halten sich nur in der Cares-Schlucht (zwischen Poncebos und Cain) auf, für die das Gebirge bekannt ist. Der Nationalpark wird von der Regierung kaum beworben, da man ihn möglichst wild bewahren möchte.
Es gibt zurzeit keine aktuellen Klettertopos, der letzte spanische Auswahlführer von Miguel Angel Adrados ist aus dem Jahre 2005. Auf den Hütten gibt es aber zahlreiche Aufzeichnungen.

Absicherung:

Der Charakter der Kletterei ist solide alpine Kletterei in sehr exponiertem Gelände. Die Absicherung an dem kompakten, mit Wasserrillen zerfressenen Kalkstein ist kompliziert und aufgrund des teilweise eher fraglichen Hakenmaterials sehr ernsthaft. Es gibt oft lange Runouts, dann sind Stürze um die 20 m möglich. Eine stabile psychische Konstitution wird dringend vorausgesetzt. In den letzten Jahren hat es in einigen Routen sanfte Sanierungen gegeben – die Absicherungen dort sind sehr gut, wenn auch teilweise unlogisch gesetzt.

Ausrüstung:

60 m Doppelseil, 1 Satz Klemmkeile, 1 Satz Ballnuts (sehr nützlich), 1 Satz C4-Camalots bis einschl. #3, 5 Edelrid Hakenlaschen/Bolthanger für die zahlreichen Rivets/Burils.

Unsere Routen-Highlights:

» La Fiesta del Paca, Leiva, Amistad con el diablo, Cepeda, El vuelo del dragón

Downloads:

» Gebietsübersicht der interessantesten Berge in den Picos (PDF: 551 KB)

» Bergsport-Wörterbuch deutsch/spanisch, speziell für die Picos (PDF: 413 KB)

Kulinarische Empfehlung:

Sehr lecker ist Käse mit Quittenmus in Kombination mit Rioja-Rotwein. Der regionale Queso de Cabrales (Schimmel mit etwas Käse) ist recht gewöhnungsbedürftig. In den Refugios geht nichts ohne Chorizo-Wurst – nach einem langen Tag in der Wand schmeckt die aber immer!

» Topos von Fernando García-Mauriño (www.bulnesland.blogspot.de)

» Nationalpark Picos de Europa (www.picoseuropa.net)

» Federación de Deportes de Montaña, Asturias (www.fempa.net)

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